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2/13/2014

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Heute geht es schon wieder um einen Film von Gaspar Noé, denn dieser wunderbare Mann hat nicht nur Enter the Void, sondern auch Irreversibel gemacht. Und wer Enter the Void gesehen hat, kann sich fast denken, dass Irreversibel nicht harmloser ist.
Auch hier wieder FSK 18, was gut zu verstehen ist. 
Bei der Premiere haben von 2400 Zuschauern 200 den Saal verlassen. 

Im Grunde genommen geht es nur darum, wie ein Pärchen zusammen mit dem Ex-Partner von ihr feiern geht. Allerdings läuft irgendetwas gewaltig schief und die Frau, Alex, wird in einer Unterführung von einem Unbekannten vergewaltigt. 
Als ihre Begleiter das erfahren sind sie auf Rache aus und suchen wie im Wahn nach dem Täter.

An sich eine simple Geschichte, aber die Art und Weise, wie das Ganze dargestellt wird, geht unter die Haut. 
Zum einen ist es etwas irritierend, da der Plot von hinten aufgerollt wird, also zuerst die Racheszene zu sehen ist, dann die Suche, dann die Vergewaltigung... Ich wusste es vorher (ich bin ja nicht bekloppt und guck mir die Filme von dieser Liste an ohne zu wissen, was auf mich zukommt) und konnte deswegen leicht folgen. 
Zum anderen ist der Film auch etwas an der Grenze zum guten Geschmack. Aber irgendwo muss das FSK 18 ja herkommen - in diesem Fall durch die Racheszene, in der jemand mit einem Feuerlöscher regelrecht zu Brei gehauen wird (geschieht allerdings im Halbdunkeln und die Kamera hält auch nur ein oder zweimal direkt drauf - ich hab trotzdem nur mit einem halben Auge hingeschaut). Nach drei Stößen mit der "Waffe" denkt man sich "okay, ist gut, er ist tot, hör auf!", aber natürlich tut er es nicht. Ich weiß nicht genau, wer von den beiden Begleitern der Frau das tat, jedenfalls hatten sie am Ende nicht den Täter, sondern den falschen erwischt. 
Auch die Vergewaltigungsszene dürfte ausschlaggebend sein für die Altersbeschränkung. Nicht, weil man alles sieht (nach Enter the Void war ich auf alles gefasst - schließlich durfte man dort auch Menschen beim Geschlechtsverkehr von innen betrachten - ja, von innen), sondern weil man das Ganze in Original Länge betrachten muss. Bestimmt 10 Minuten lang und man wünscht sich für diese arme Frau, dass er bald aufhört. Hätte ich mir nicht die ganze Zeit vor Augen gehalten, dass das Schauspieler sind, hätte ich den Film auch nur schlecht ertragen. Vor der schauspielerischen Leistung kann ich auch nur den Hut ziehen, denn soweit ich das gesehen habe, gab es in den ganzen 10 Minuten keinen einzigen Cut. 
Als der Mann fertig ist mit ihr schlägt er sie mit einer solchen Brutalität zusammen, dass ich wieder wegschauen musste. 
Ob es wirklich nötig ist, diese Szene so lang zu gestalten, ist umstritten. Meiner Meinung nach jedenfalls schon. Ohne diese quälende Länge könnte man sich nicht so gut in die Handlungen der beiden Männer (bzw. in ihre Rache) hineinversetzen. 

Von der Kameraführung her ist Irreversibel sehr interessant. Nicht diese typischen Kamerafahrten, wie man sie aus dem Kino kennt, sondern ziemlich anders. Zu Beginn des Films hat man das Gefühl, der Kameramann hat sich in ein Karussell mit Überschlagfunktion gesetzt. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass mir dabei schlecht geworden ist - und ich habe das nur auf einem kleinen Bildschirm gesehen. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie es erst auf einer großen Leinwand wirkt. 
Im Verlaufe des Filmes wird das Bild allerdings ruhiger - und während der Vergewaltigungsszene hat man das Gefühl, der Kameramann hat sein Arbeitswerkzeug auf den Boden gelegt und ist eine rauchen gegangen. 
Bemerkenswert sind auch die Aufnahmen von oben - das scheint Gaspard Noé irgendwie zu mögen. 
Auch die Überblenden von der einen zur anderen Szene sind atypisch gestaltet. Ich kann es nicht wirklich beschreiben, nur mal wieder mit Enter the Void vergleichen - dort hat sich die Kamera immer eine Lichtquelle gesucht, diese fixiert und ist immer näher ran gegangen. In Irreversibel war es nicht ganz so, aber ähnlich.
Apropos Licht - dieses ist zu Beginn nur spärlich vorhanden, wird aber im Verlaufe mehr (also zu Beginn der Geschichte hin). 
Von der Qualität her wirkt der Film so, als hätte ihn jemand mit einer einfachen Handkamera aufgenommen. Also nicht übertrieben schlecht, aber so, dass es einem doch unterbewusst auffällt. Allerdings stört das nicht, im Gegenteil. Es macht den Film echter und lässt einen nicht denken "ah ja, wieder nur so ein gut inszenierter Kinofilm....". 

Irreversibel ist jedenfalls kein Film, den man sich abends mit einer Tüte Popcorn und der besten Freundin anschaut. 
Trotz seiner Brutalität bereue ich es nicht ihn gesehen zu haben. Er frisst sich ins Gedächtnis ein und macht sehr nachdenklich über Liebe, Hass und die Unumkehrbarkeit/Vorherbestimmtheit der Dinge. 









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